Kategorie: 2020

  • Kefalonia 2020

    Kefalonia 2020

    Langsam und mit letzten Blicken genossen die beiden die Schönheit der Agia Eléoussa mit ihren unzähligen unfassbar grossen Tropfsteinen bis sie wieder am Pool des tiefen Schachtes auftauchten. Etwas enttäuscht schauten Steffen K. und Olli O. sich an, da es das Ende der weiteren Exploration im Südsiphon der Agia Eléoussa bedeutete. Vielleicht bringen ja die anderen Teams bessere Neuigkeiten vom Nordsiphon mit…

     

    Der Nordsiphon ist an der Abtauchstelle deutlich leichter zugänglich und größer als der Südsiphon. Heißt ein größerer Gang auch gleich größere Höhle?

    Mit EAN32 im Loop ging es los. Oli Schöll bewaffnet mit der Filmkamera, vorweg Mats und Schüssi mit dem Reel und dem Explorer-Gesicht. Steffen B. hinterher, so unser Plan. Steffen B. sollte sich um den Kameramann kümmern, der manchmal so fokussiert auf seine Aufnahmen war und auf sich selbst nicht mehr aufpassen konnte. Der Untergrund, über den sie laufen mussten, ließ sie 30-40cm im Lehm versinken. Nun, bereits vor dem Betreten des Wassers war keine Leine zu sehen, also hatten sie gleich zu Beginn die Leine außerhalb des Wassers befestigt. Sie tauchten ab und konnten im Cavernbereich ebenfalls keine Leine finden. Sie hofften weiter auf das große Neuland, blieben ganz entspannt, hatten sie ja noch 2 weitere Explorer-Reels dabei. Die vier wussten nicht wohin die Reise noch geht und die Erwartungen waren groß.

    Die ersten Tie-Offs waren durch Mats und Schüssi schnell gesetzt, richtig professionell und heimlich geübt sah das aus. Beim Abtauchen in die Höhle sah Steffen B. plötzlich auf der anderen Seite des Ganges, die vorhandene Mainline. Sie knüpften dort an. Den Verlauf der Mainline Richtung Oberfläche wollten sie erst auf dem Rückweg checken.

    Der Gang wird schmaler, dafür höher, die ersten Stalaktiten ragten von der Decke. Der Boden war mit sehr feinem, lehmigem Sediment bedeckt. Diese Schicht lässt an Schnee erinnern. Eine idyllische Winterlandschaft mit 30cm Schnee auf Felsen und Dächern. Hier nur hell-braun lehmig aber wahnsinnig gefährlich. Kommt eine Flosse zu nahe, explodiert der „braune Schnee“ verzaubert seinen Einfallsbereich zu einem Nullsichtbereich.  Zwischendurch ragten massive Stalagmiten empor, teils verbunden mit kräftigen von der Decke hängenden Stalaktiten, umsäht von unzähligen kleinen und feinen weiteren Tropfsteinen. Die Ausmaße der Tropfsteine reichten von feinen im 0,5cm im Durchmesser mit 10 – 20cm Länge bis hin zu massiven zwei Meter dicken Stalagnat, die wohl hunderttausende Jahre gewachsen sind.

    Der erste Tauchgang war gepaart von Bewunderung über die prachtvollen Tropfsteine, der gepuderten Welt sowie Neugierde wohin uns die Leine führt. Sie führte uns durch eine S-Kurve und die Anzahl der großen Tropfsteine wurden immer größer. Wir kamen in eine 40m lange, 30m breite und 20m hohe Halle, die auf der rechten Seite mehrere Verstürze hat. Anschließend gelangt man in eine flache, nur noch 5m hohe, mit unzähligen Stalagmiten und Stalaktiten bestückte runde Kammer. Wie auf einem Silbertablett präsentieren sich hunderte Tropfsteine. Recht mittig, an einem Stalagmit ist die Leine befestigt. Als Steffen B. den Punkt erreichte blickte er in die traurigen Augen von Mats und Schüssi; sie hatten das Ende erreicht. Hier ging es nicht mehr weiter, oder? Olli S. war damit beschäftigt die Eindrücke auf Film festzuhalten, so suchte der Rest verzweifelt nach einem Fortgang, immer vorsichtig, um ja keinen Tropfstein abzubrechen, die teils sehr „ungünstig“ gewachsen sind. Wir suchten den Raum ab und mussten feststellen: Das hat seinen Grund, warum die Leine nicht weiter geht. Wir konnten leider keine Fortsetzung finden.

    Nachdem wir den Raum noch einmal gemeinsam ausgeleuchtet, bestaunt und auf uns wirken haben lassen, machten wir uns auf den Rückweg. Da hinaus die rechte Seite einer Wand gleicht, auch wenn teils einer wunderschönen fetten Kalkschicht überzogen, konzentrierten wir uns auf die linke Seite und die vielen Verstürze. Viele große Blöcke sind von der Decke gefallen, und haben die daran befindlichen Stalaktiten platt gemacht. Manche Felsbrocken hatten deutlich weniger bis gar kein Sediment auf ihren Oberflächen. Wir drangen in so manch engen Gang ein, mussten jedes Mal bei Nullsicht rückwärts wieder raus. Wir konnten keinen Erfolg in der Suche nach einer Fortführung vermelden. In einem weiteren Seitenarm deutete sich eine Fortsetzung durch die Decke an. Leider wurde diese so eng, dass wir aufgeben mussten, ohne das Ende des Schachtes erkennen zu können. Wir nutzen auf dem Rückweg die Möglichkeit in der S-Kurve zwei kleine Spalten zu begutachten welche uns bereits auf dem Weg hinein aufgefallen waren. Wie sich herausstellte konnte man sich dort zwischen den Tropfsteinen durchschlängeln, um die S-Kurve abzukürzen, aber nicht einen anderen Gang zu finden.

    Interessant war jedoch, am Ende der S-Kurve, sowie auf den folgenden 5m, an denen der Gang wieder richtig breit wird und Richtung Ausgang führt, entdeckten wir in Bodennähe ein Flimmern…

     

    Da wir in Brackwasser tauchten, ist davon auszugehen, dass dort Süßwasser austritt. Heinke und Steffen B. untersuchten am nächsten Tag den Grund genauer und konnten mehrere Austrittslöcher feststellen. Der ganze Bereich enthält ca. 20 Löcher, teils ist das am Boden befindliche Sediment richtig darin abgesackt, es sah teils sehr frisch mit „rauen“ Abbruchkanten aus. Möglicherweise eine Folge des starken Regens die Woche zuvor? Durch den Aufwendigen Zugang zu dieser Höhle sind bisher nur wenige Taucher in der Höhle gewesen. Wir konnten leider nicht ermitteln ob andere Taucher zuvor die gleiche Beobachtung machen konnten. Manche dieser Löcher aus denen Wasser dringt sind nur 10-20cm im Durchmesser, andere sind 50 – 120cm. Traurig mussten wir feststellen, dass auch in den größeren definitiv kein Fortkommen möglich ist.

    Wir beschlossen keine weiteren Tauchgänge im Nordsiphon vorzunehmen. Für den Südsiphon kamen wir auf das gleichen Ergebnis. Auch dort definitiv keine Fortsetzung. So räumten wir unser Lager und zogen weiter, um uns andere Höhlen anzusehen.

    Auf der Ostseite der Insel befindet sich in 30m Wassertiefe, ca. 60m entfernt vom Ufer der Eingang zu einer Höhle welche im Frühjahr upstream und in der übrigen Zeit, v.a. im Herbst downstream verläuft. Zu den starken upstream Tagen würde das Wasser von 30m Tiefe aus der Höhle herausschießen und und an der Meeresoberfläche deutlich zu erkennen sein.

    Der viele Regen die Woche zuvor gab uns Hoffnung, dass die Richtung in dieser Jahreszeit evtl. anders verläuft. Auch wenn wir uns nicht die große Chance erhofften, so wollten wir es zumindest einmal versuchen. Unsere Recherchen vorab ergaben, dass die Höhle tief nach unten geht. Auf Grund dessen waren dort bisher nur sehr wenige Taucher. Wir hörten von einem, der an einem dicken Seil befestigt in die Höhle bis auf 90m tauchte und von seinen Kameraden wieder herausgezogen werden musste. Wir waren gespannt auf unser Scouting, bei dem wir keinerlei Risiko eingehen wollten. Es ging erstmal darum den Eingang zu finden und die Strömung zu checken. Sofern es die Bedingungen erlaubten, hätten wir vor Ort entschieden ob wir mal ein „Guggerle“ wagen. Wir ließen uns von Makis eine Beschreibung geben. Anfangs wussten wir nicht, ob die Beschreibung genau genug ist: „… geradeaus, bis ihr zwei Steine seht. Also dort liegen viele Steine, aber an den zweien die ich meine, müsst ihr nach rechts… Ihr erkennt sie schon.“

    So sollte es auch kommen. Wir parkten die Autos direkt an der Küstenstraße, die Sonne prallte auf den heißen Asphalt. Schatten suchte man vergebens.

    Wir installierten zwei Seile als Geländer, da der Weg zum Ufer über eine schräge Felsplatte führte, die mit Sand und Geröll bedeckt war. Das Team half und trug 2 Bailout-Stages mit 18/45 sowie zwei Scooter zum Wasser während Olli O. und Steffen B. die RBs fertig machten und sich in die Anzüge quälten.

    Im Wasser angekommen, die Predive-Sequenz samt Safety-Check vollendet, tauchten sie ab und waren gespannt was sie erwartet. Sie erkannten die beiden Steine sofort und bogen ab, dem Grund folgend bis auf 30m Tiefe. Der Grund verläuft trichterförmig auf die Höhle zu; und bereits bevor sie das Loch sahen, wussten sie es handelt sich um einen Volltreffer. Langsam wagten sie sich in das Loch am Meeresgrund, welches einen Durchmesser von ca. 8m hatte, aber nach unten kleiner wurde. Sie behielten ihre Hand vorsorglich am Trigger des Scooters, denn sie bemerkten wie die Strömung sie nach unten sog. Vorsichtig tasteten sie sich bis auf den Grund des Loches vor und konnten in die Höhle blicken. Vom senkrechten Loch knickte die Höhle um 80° Richtung Insel ab. Um sich einen Eindruck verschaffen, ließen sie Sand aus ihren Händen rieseln und verfolgten wie die Sandkörner und v.a. kleine Schwebteilchen in das dunkle Loch gezogen wurden.

    Nach einem kurzen Blick war klar, dass sie in das Loch nicht tauchen werden. Aber man kann ja mal näher heran. Sie keilten sich zwischen felsiger Höhlendecke und sandigem Grund ein, und spürten die Turbinenwirkung der Engstelle deutlich. Es war klar, dass man gegen diese Strömung nicht anschwimmen konnte. Für so einen Tauchgang benötigt man mehr Vorbereitung und Risikoabschätzung. Nach ein paar Runden im „Höhlen- Höllenpool“ mit dem Scooter nach oben schraubend war deutlich zu spüren, wann man aus dem Sog der Höhle heraus war. Peilung Richtung Ufer düsten sie zurück. Auf den letzten 150m versagte Ollis Scooter; was für ein Glück, dass das nicht in der Höhle passierte! Die langsamere Geschwindigkeit auf dem Rückweg sorgte dafür, die Deko „on-the-walk“ abgeschwommen werden konnte, wo sie das Team bereits erwartete und aus dem Wasser half.

    Das Foto- und Videoteam der Cavebase hat sich, auch in diesem Jahr, das Ziel gesetzt möglichst gute Bilder unter, wie auch über Wasser zu machen. Die Besonderheit bei diesem Projekt war, schöne Aufnahmen des Abseilens in der ersten Höhle zu machen. Wir hatten hierfür 2 GoPro’s sowie 3 Systemkameras zur Verfügung. Um möglichst nah am Geschehen (aus Sicht des Zuschauers) zu sein, entschlossen wir uns zum Beispiel dazu, eine GoPro auf das Bein eines Kletterers zu befestigen und diese zusätzlich am Schnürsenkel zu sichern. Die andere GoPro befestigten wir auf dem Helm. Dies ergibt einen tollen Einblick und bringt den Zuschauer mitten ins Geschehen. Mit den Systemkameras machten wir verschiedene Aufnahmen während des Einbaus des Schachtes, sowie während des Abseilens. Mit den Drohnen konnten wir an dieser Stelle leider nicht viel filmen, da der Eingang zur Höhle stark mit Bäumen und Sträuchern zugewachsen war. Für die Unterwasseraufnahmen standen uns 3 Kameras, zwei GoPros und eine Paralenz zur Verfügung.

    Bei dem ersten Tauchgang lernten wir die Höhle kennen und machten einige Probeaufnahmen. Im Anschluss haben wir diese kritisch betrachtet und über Verbesserungen diskutiert. Mit einem guten Plan für den zweiten Tauchgang und einigen Zeichnungen wurden die ´´Models´´ gebrieft und einige Trockenübungen durchgeführt. Unterwasser muss schließlich alles stimmen- an dieser Stelle vielen Dank für die Geduld. Unterwasser wurden das Besprochene umgesetzt und es gelangen uns einige tolle Aufnahmen. 

    Für den nächsten Tag waren Scooter-Aufnahmen geplant. Dies entpuppte sich als eine knifflige Aufgabe, da alle Taucher scootern und man dies bestmöglich filmen und fotografieren wollte.

    Wir wollten anfangs vor der Höhle in V-Formation, dicht unter der Wasseroberfläche scootern und den Weg zum Eingang der Höhle sowie das Abtauchen mithilfe einer Drohne filmen. Also begannen wir mit Trockenübungen sowie das Stellen der Formation. Hier klappte alles sehr vorbildlich. Guter Dinge stiegen wir ins Wasser um das Besprochene in die Realität umzusetzen, dabei entstanden die ersten Probleme.

    Einige wussten nicht mehr an welcher Position sie in der Formation gehörten und die V-Formation sah nach einiger Zeit nicht mehr nach einem V aus. Wir wären wirklich schlechte Zugvögel aber wir sind ja auch fürs Wasser gemacht 😉

    An einer Stelle in der Höhle fuhren wir im Kreis, damit wir an einer bestimmten Stelle der Höhle gute Filmaufnahmen machen konnten. Nur machte es den Anschein als wüsste keiner mehr, wie oft noch im Kreis gefahren werden musste, also hörte keiner wirklich auf. Es hatte den Anschein von einem außer Kontrolle geratenem Karussell. Jedenfalls kam bei diesem Tauchgang der Spaß nicht zu kurz. Letztendlich ist das Foto/Videoteam noch mehr zusammengewachsen, hat einiges dazu gelernt und hofft, in der Zukunft daran anzuknüpfen.

    Und was haben wir noch alles gemacht? Uns die Insel angeschaut, zwei kleinere Höhlen angeschaut, viel Eis (einer besonders viel) gegessen; zusammen gekocht und gebacken, schöne Abende mit viel Ouzo gehabt, ein großes Essen in einem einheimischen Restaurant im Inneren der Insel genossen. Viele Gespräche gehabt, die Ausrüstung optimiert und und und….

    Am Freitagabend machten sich Marc und Steffen B. mit dem Transporter auf dem Weg und die anderen flogen am Samstag mit vielen Eindrücken von Erlebten zurück. In Frankfurt-Hahn trennten sich unsere Wege. Aline, Matz und Heinke fuhren in den Norden, Schüssi, Olli O. und Olli S. nach Mittel- und Süddeutschland.

    Fazit: Kefalonia war nicht nur planerisch das bisher komplexeste Projekt der Cavebase Geschichte. Das Projekt hat uns als Cavebase nochmal ein ganzes Stück weitergebracht und unsere Fähigkeiten, auch diese Art von Höhlen zu betauchen, erweitert. Kefalonia wird uns oder zumindest den ein oder anderen von uns, wiedersehen.

    In diesem Sinne

    Eure Cavebase

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